Ein Beitrag zu den Basics der Kunstgeschichte: Die Gattungen! Wie ihr vielleicht wisst, unterscheidet man in der Kunstgeschichte drei Hauptgattungen nach Leon Battista Alberti: Die Malerei, Architektur und Plastik. Die Hauptgattungen können weiter aufgeteilt werden. Dieser Beitrag handelt von der Gattungshierarchie der Malerei, welche 1648 von der französischen Académie royale de peinture et de sculpture aufgestellt wurde.
In der Gattungshierarchie der Malerei gibt es fünf Kategorien:
1. Historie
2. Porträt
3. Genre
4. Landschaft
5. Stillleben
Die Historienmalerei gilt als die höchste Malerei, das Stillleben hingegen als die niedrigste. Im Folgenden möchte ich darauf eingehen, was genau diese Gattungen bedeuten, warum sie sich in ihrer “Wertigkeit” zu unterscheiden scheinen und welche Geschichte sie hinter sich haben.
Gründe für die Hierarchisierung
Im Grunde ist die Aufteilung ganz leicht. Es wird von dem Belebten hin zum Unbelebten gewertet, daran lasse sich wohl das künstlerische Können ableiten. Die Historie beinhaltet meist mehrer Personen, oft in einer Landschaft oder einem durchgestalteten Raum dargestellt. Somit vereint diese Gattung beispielsweise das Portrait (sprich die Darstellung einzelner Personen) und die Landschaftsmalerei. Das Stillleben hingegen zeigt nur leblose Gegenstände, meist auf engem Raum. Weitere Gründe könnt ihr weiter unten bei der jeweiligen Gattung nachlesen!
1. Die Historie
Die Historie umfasst Darstellungen narrativer Ereignisse. Sowohl weltliche Themen – wie Schlachten und Abkommen – als auch relogiöse Szenen, beispielsweise aus der Bibel oder der Mythologie werden durch sie dargestellt. In diesen Bildinhalten zeigt sich bereits die “Überlegenheit” der Historie gegenüber den anderen Gattungen. Was könnte höher stehen als eine glorreiche Schlacht der Vorfahren oder die Taufe Christi? Desweiteren muss der Maler ein Gelehrter sein, ein sogenanter Pictor Doctus, um die Quellen für seine Gemälde lesen und interpretieren zu können. Zudem vereint die Historie mehrere Gattungen in sich, zum Beispiel das Portrait und die Landschaft. Die Historie umfasst auch das sogenannte Programmbild, ein Bild in dem ein historisches Ereignis um des Themas Willen dargestellt wird, beispielsweise zu Propagandazwecken, um den Patriotismus des Betrachters zu wecken.
2. Das Porträt / Das Konterfei
In der zweithöchsten Gattung, dem Portät (oder auch Konterfei genannt) wird der konkrete Mensch mit seinen individuellen Aussehen und seinen Attributen wie sozialer Stand, Beruf und Umfeld wiedergegeben. Das Porträt wie wir es heute kennen ist eine Entwicklung des sogenannten Trecento (14. Jahrhundert in Italien). Porträtdarstellungen gab es schon vor der Antike, seit dem 14. Jahrhundert jedoch bekommen die Darstellungen einen tatsächlich individuellen Charakter. Es werden also nicht mehr schematisierte Personen dargestellt sondern wiedererkennbare Menschen. Häufig werden, neben den individualisierten Gesichtern, die Attribute weiterhin stilisiert. Es gibt viele Arten von Porträts, unter anderen kann man unterscheiden zwischen:
Ansicht: Vorderansicht (en face), Profil, Viertelprofil, Halbprofil etc.
Ausschnitt: Gazfigur, Kniestück, Hüftbild, Halbfigur, Brustbild, Schulterstück
Typ: Einzel-, Doppel- und Gruppenbildnis
Inhalt: Dedikationsbild, Stifterbildnis, Autorenbildnis, Künstlerporträt, Selbstporträt, Reiterbildnis, Staatsporträt etc.
3. Die Genremalerei
In der Genremalerei werden alltägliche Themen, vor allem des damaligen mittleren und niederen Standes abgebildet. Bauern bei der Arbeit oder Mädchen beim Lesen und Stricken, Herrschaften in Lokalen oder Familienrunden. Dem Ganzen wohnt gerne eine Prise Sozialkritik bei. Die Genremalerei ist wenig gestellt, sprich sie hat den Anschein nach Authentizität, sowohl in ihren alltäglichen Themen als auch dem belebten Aufbau. Oftmals werden kleine Szenen, ähnlich Momentaufnahmen wie beispielsweise Gasthaus-, Ernte- und Hochzeitsszenen dargestellt.
Als mittlere Gattung gilt sie, weil Menschen und Personengruppen abgebildet werden, was hohes Können des Malers verlangt. Da aber (vorsichtig formuliert..) weniger wichtige Szenen abgebildet werden, bis hin zu eher unsittlichem Verhalten, kann diese Gattung zur Zeit der Einteilung der Gattungen nicht als allzu hoch angesehen werden.
4. Die Landschaftsmalerei
Die Inhalte der Landschaftsmalerei sind schnell erklärt: Wälder, Wiesen, Flüsse, Seen, Tag, Nacht, Sonne, Regen… Zunächst war die Landschaft Hintergrund einer Szene, beispielsweise in einer Historie, um 1520 enstanden schließlich autonome Landschaftsdarstellungen. Als erste gilt Albrecht Altdorfers Donaulandschaft von 1522. Auch in der autonomen Landschaftsmalerei können Personen oder Tiere dargestellt werden. Diese werden als Staffagefiguren, welche die Natur beleben und unter anderem auch Größenverhältnisse anzeigen, bezeichnet und stellen keine autonomen Personen dar.
Bei der Entwicklung der Landschaftsmalerei darf die Weltlandschaft nicht unerwähnt bleiben. In ihr vereinen sich beispielsweise Berge, Flüsse, Meere und Wälder zu einer Universallandschaft in der die zunächst abgebildeten biblischen und mythologischen Elemente allmählich verschwinden. Ein berühmter Maler der Weltlandschaften im 16. jahrhundert ist Joachim Patinir. Eine weitere Unterkategorie ist die Stimmungslandschaft, deren Höhepunkt in der Romantik liegt. In ihr wird die Landschaft als Abbild der Gefühle verstanden und durch Wetter und Tageszeiten modelliert.
5. Das Stillleben / nature morte
Last but not least: die fünfte und letzte Gattung, das Stillleben oder auch nature morte genannt. Dargestellt werden unbewegte Gegenstände in künstlicher Komposition z.B. drapiert auf einem Tisch. Erst seit ewta 1600 gilt das Stilleben als autonome Gattung, besonders beliebt ist es zunächst in den Niederlanden. Stillleben befassen sich häufig mit sogenannten Vantias Motiven (vanitas= lat. leerer Schein, Nichtigkeit). Durch Symbole des Todes und der Zeit, wie Sanduhren, Schädel, Reich- und Besitztümer, aber auch Blumen und reife Früchte, wird das Vergängliche thematisiert.
Es gibt aber noch allerlei andere Themen und Kategorien des Stillebens: Waffen- und Jagdstilleben, Musik- und Maskenstilleben, Blumenstilleben usw.
Übergangsformen und Inversionen
Wie überall sind auch bei den Gattungen manchmal keine klaren Grenzen erkennbar. Manche Bilder können schwerer zugeordnet werden als andere. So zeigt ein sogenanntes Schützenstück eine Gruppe von Personen, meist eine Schützengilde. Die Szenerie wäre der Genremalerei zuzuordnen, andererseits handelt es sich hier um ein Gruppenporträt. Auch bei dem unter Porträts aufgeführtem Beispiel Jacques-Louis David stellt sich die Frage, ob es sich um ein Reiterporträt / Herrschaftsportät oder um eine Historie handelt, da die eindeutig identifiziertbare Person in einen bestimmten historischen Kontekt gebettet ist.
Eine Besonderheit der Gattungshierarchie ist die Inversion, in ihr wird versucht mit der bestehenden Einteilung zu brechen, in dem sie umgedreht wird.
So, das war mein mehr oder weniger kleiner Überblick über die Gattungshierarchie der Malerei von 1648. Ich hoffe du hattest Spaß beim Lesen und siehst nun die Einteilung etwas klarer… Wenn dir der Beitrag gefallen hat lass gerne einen Kommentar da, bei Fragen stehe ich natürlich wie immer auch gerne zur Verfügung. Bis zum nächsten Mal!