Fundwerk der Woche 02/16: Leda und der Schwan

 François Boucher: Leda und der Schwan, 1742.
Öl auf Leinwand 59,5 x 74 cm. National Museum of Fine Arts, Stockholm.

Leda und der Schwan, Boucher
François Boucher: Leda und der Schwan, 1742. Öl auf Leinwand 59,5 x 74 cm. National Museum of Fine Arts, Stockholm. (Quelle: Wikimedia Commons| Public Domain)

Heute ein Fundwerk, das ich in der letzten Woche in natura gesehen habe. Diese Woche gibt es ein kleines bisschen Bildbeschreibung dazu!

Zunächst der kurze mythologische Hintergrund: Wie auch Europa, Danae und Ganymed entdeckte Zeus die schöne Königstochter Leda und wollte sie verführen. Als Schwan verwandelt, gelang es ihm und aus dieser Verbindung entstanden vier Kinder, darunter die schöne Helena, um die sich ebenfalls zahlreiche Mythen ranken.

Das in die Epoche des Rokoko einzuordnende Ölgemälde François Bouchers „Leda und der Schwan“ aus dem Jahr 1742 zeigt den Moment, in dem sich Zeus in Gestalt des Schwanes Leda an einem Flussufer annähert. Bei ihr liegt eine Begleiterin, die in der literarischen Quelle keine Entsprechung findet. Sie könnte als Helena gedeutet werden, gewissermaßen als Präfiguration auf das Resultat der Verbindung Zeus‘ und Ledas. Sinnvoller erscheint jedoch, dass die zweite junge Frau eine Begleiterin Ledas darstellt, um den narrativen Kontext auszubauen. Eine weitere Erklärung wäre der sogenannte Paragone, der Wettstreit der Künste. Bildhauer und Maler sahen die jeweils ihrige Kunst als die überlegende an. Hauptargument der Bildhauerei ist, dass die Kunstwerke dreidimensional betrachtbar sind. Dies wollte Boucher auch in der Malerei möglich machen, in dem er schlichtweg eine Dame in der Frontansicht und eine als halbe Rückenfigur darstellt. Zudem sind gerade im Rokoko zwei halbnackte junge Frauen immer besser als eine 😉

Die Personengruppe ist in einer Dreieckskomposition angeordnet. Leda als Königstochter ist markiert durch Perlenschmuck, welchen sie in den Haaren und um den Arm gelegt trägt. Ihre Begleiterin hingegen trägt ein Stoffband in den Haaren. Die beiden jungen unbekleideten Frauen liegen vermutlich vor oder nach dem Baden am Ufer legere beieinander auf ihren ausgebreiteten Gewändern, welche sie teilweise um sich legen. Durch die drappierten Stoffe ergibt sich eine Art natürliche Chaiselongue. Trotz der dadurch in Szene gesetzten Darstellung wirkt das Beisammensein der Frauen natürlich, nahezu alltäglich. Dadurch bricht die Gattung der Historie leicht auf und geht in das Genre über. Ohne den mythologischen Hintergrund könnte man das Bild durchaus, als eine von einem Schwan gestörte Badeszene, der Genremalerei einordnen.

Der Schwan berührt mit seinen ausgebreiteten Flügeln Ledas Bein, diese legt den Arm um ihre Begleiterin, was Innigkeit und Geschlossenheit innerhalb der Gruppe assoziiert. Ebenso stellt die Berührung des Schwans eine erste Intimität der beiden Protagonisten dar. Die Lichtführung und Farbigkeit unterstreicht die Personen im Vordergrund. Durch ihr helles Inkarnat heben sich die beiden Frauen deutlich vom dunkel grün-braunen Hintergrund aus Felsen und Vegetation ab, ebenso der weiße Schwan. Ledas Gesicht ist durch das einfallende Licht heller beleuchtet als das ihrer Begleiterin, schließlich ist Leda die zentrale Figur, sowohl mythologisch als auch im der vorliegenden Darstellung.

Obwohl die Situation mit einem sich agressiv wirkend annähernden Schwan bedrohlich scheint, wirkt die Szenerie ruhig. Beide Frauen blicken auf das Tier, die Begleiterin bleibt entspannt in ihrer liegenden Haltung (die nebenbei bemerkt sehr an sein Ruhendes Mädchen, 1752 erinnert) und blickt interessiert, beinahe liebevoll auf den Schwan hinab. Leda beugt sich zu ihrer Begleiterin und hebt ihren freien Arm über dem Schwan in die Höhe. Diese Geste wirkt jedoch nicht ängstlich, als wolle sie den Schwan verjagen sondern eher verwundert und zugleich fasziniert.

 

Ich habe das Gemälde als Fundwerk gewählt, da ich im Muesum einfach einige Minuten begeistern davor stehen bleiben musste. Die Bewegung und zugleiche Ruhe ist mir besonders positiv aufgefallen.

Wenn du Bouchers Gemälde auch im Original sehen möchtest, ohne nach Schweden zu reisen, kannst du es dir noch bis zum 28. März 2016 im Liebighaus Frankfurt im Rahmen der Ausstellung Gefährliche Liebschaften anschauen.

2 Gedanken zu „Fundwerk der Woche 02/16: Leda und der Schwan“

  1. Liebe Lara,
    das Bild habe ich noch nie im Original gesehen. Vielen Dank für die schöne Bildbeschreibung. Die beiden Figuren schauen wirklich ruhig auf den Schwan herab. Was mir sonst noch auffällt, das Schönheitsideal war in damaliger Zeit völlig anders als heute. Wie sich das mit den Zeiten doch wandelt!

    Ich war mal in der Pinakothek in München. Da habe ich viele schöne Gemälde von Peter Paul Rubens gesehen. ein faszinierendes Studienfach hast du.

    Liebe Grüße
    Renate

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    • Gern geschehen. Auch danke für dein Kommentar! 🙂 Jaja, das Schönheitsideal… Heutzutage würden die beiden Hübschen nicht unbedingt in einem Modemagazin gedruckt werden und doch faszinieren sie uns bis heute! Danke, ich hoffe, mit meinem Blog die Faszination meines Faches ein bisschen nach Außen tragen zu können 🙂 Liebe Grüße!

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